Erzwinge dein Schicksal nicht

Erzwinge dein Schicksal nicht

Ein Zug fuhr im Hochsommer von Berlin nach München. In Jena hatte er schon drei Stunden Verspätung, weil ein Kreislaufkollaps-Typ, der die Hitze nicht aushielt, den Zug aufgehalten hatte. -Jedenfalls, bis der versorgt und alles abgeklärt war, schlug die deutsche Gründlichkeit wieder mal extrem zu. Am Bahnsteig sammelten sich schon viele Menschen, weil sie gewohnt sind, dass alle eineinhalb Stunden ein Zug in die Richtung fährt. Laut einer Ansage der DB sollte ein halbvoller Folgezug in 30 Minuten Abstand folgen. Eine Frau wollte aber unbedingt noch in den ersten Zug zusteigen, obwohl sich die Türen schon schlossen. Sie wähnte, die Türen würden bei Berührung wieder aufgehen (Lichtschranke) wie beim Lift. Tun sie aber bei der Bahn nicht, weil: zu ist zu! Genau wie auch bei der U-Bahn und S-Bahn. Und so hat sie sich folgerichtig sämtliche Mittelhandfinger gebrochen und konnte von Glück reden, dass der Schaffner nicht abgefahren ist, sonst wäre sie noch einige Meter mitgeschleift worden. Das beste: In Nürnberg konnte man, um sich den Umweg über Augsburg zu ersparen, vom einem auf den anderen Zug umsteigen, der über Ingolstadt fuhr. Der zweite Berlin-Zug war dann schneller in München als der erste.
Halleluja. Und deswegen bricht sich jemand die Hand und hat einige Wochen lang Scherereien.

A propos Bahn: Sie wird ja regelmäßig zu ganz anderen Zwecken missbraucht. Wie von jenem Gründer eines Großunternehmens: Er kam in finanzielle Schwierigkeiten und ging, um die Firma zu retten, riskante Geschäfte an der Börse ein. Diese platzten, und da er die Schande des Versagens nicht aushielt, legte er sich aufs Gleis und ließ sich überfahren. Die Firma wurde „abgewickelt“, d.h. die lukrativen Teile von der Konkurrenz aufgekauft, die anderen gingen in den Konkurs.

Was passiert, wenn man in der Nacht keinen gscheiten Schlafplatz hat und einen erzwingen will, erlebte ich als Zusteller. Ein junges, kicherndes und aufgekratzes Pärchen kam mir um 4.25 Uhr leicht schwankend entgegen, wechselte aber nach einiger Zeit die Straßenseite. Ich ging erleichtert in den nächsten Hauseingang um meine Zeitungen in die entsprechenden Kästen zu verstauen, sprich die Zeitungen in die Briefkästen zu verteilen. Währenddessen hörte ich draußen Geräusche, vor allem immer wieder ein „das ist aber nicht lustig“. Als ich dann herauskam musste ich verwundert feststellen, dass das Pärchen wieder auf meiner Straßenseite gelandet war und sich die Dame in meinem Anhänger,  der halbvoll mit restlichen Süddeutschen, Abendzeitungen etc. war, zum  Probeliegen breit gemacht hatte. Zwar ragte vorne der Kopf, hinten die Füße hinaus, ihr aber schien es egal, Hauptsache liegen.  Jetzt verstand ich auch, was ihr Begleiter immer meinte „das ist aber nicht lustig“. Sie fand es aber doch lustig und kicherte in einem Fort ob ihres witzigen Einfalls. Ihm schien es aber dennoch irgendwie peinlich und er fügte erläuternd hinzu: „Das kommt vom vielen Rauchen“. Aha. Ich dachte : `Eher vom vielen Saufen`, aber Peda ( ein Teamkollege und seit 30 Jahren im Sozialdienst) klärte mich auf: „Es kann tatsächlich `Rauchen´ stimmen, denn vom Hasch findet man alles komisch und ist so drauf, wie du die zwei beschreibst.“ Ich gab als nächstes zu  bedenken, dass ich in die andere Richtung weiter fahren würde, also wovon sie grade herkamen, und da kam sie dann doch auf die glorreiche Idee, wieder auszusteigen. Vielleicht war ich auch nicht eben ìhr´ Typ.
Beispiele dieser Art ließen sich unendlich verlängern, wenn man Berichten glauben kann, die von Zug- oder Flugpassagieren handeln, welche durch unglückliche Umstände gehindert wurden, rechtzeitig zur Abfahrt da zu sein, und genau dieser Zug oder dieses Flugzeug ereilte dann ein Unglück; so waren die unglücklichen Umstände eigentlich ein Glück. So beim polnischen Flugzeug-Absturz vor fünf Jahren, wo ein Kabinettsmitglied durch Verpassen des Fliegers sein Leben rettete.
Oder viele Beispiele aus meinem Leben, wo ich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort sein musst und irgendwie daran gehindert wurde, rechtzeitig einzutreffen. Dann gab ich extra Gas, kam in allerhand Schwierigkeiten, und musste dann feststellen, dass die Veranstaltung ohnehin später als geplant anfing, der vereinbarte Mensch ebenfalls Verspätung hatte oder das Ereignis für mich nicht passte und ich es letztlich langweilig fand.
Also, wenns nicht sein soll, hats seinen Grund, den du aber im Augenblick noch nicht erkennst.