Tierische Ausbrüche und andere Freiheiten

Ausbrüche und andere Freiheiten
Zwei unbezähmbare Schafsböcke entwichen wiederholt dem Züchter, wobei sie jedesmal völlig unbeteiligte Passanten angegriffen haben, zuletzt eine 43-Jährige Frau. So ein unzüchtiges Verhalten muss natürlich bestraft werden – und zwar von der Behörde! Denn der Besitzer dieser Widder wurde zu Schandensersatzleistungen verpflichtet. Die Böcke trainierten ja nur für den Ernstfall, nämlich falls sie auf freier Wildbahn von anderen entlaufenen Tieren angegangen werden, z.B. von Wölfen.
Zum Beispiel vom Emeram aus Knüll. Laut der SZ (vom 27.2.2019, S.1) ist dieser Wolf aus dem Wildpark Knüll entlaufen. Zunächst fehlte jede Spur. Erste Vermutungen, er streife als Großmutter verkleidet durchs Land wurden behördlicherseits nicht bestätigt, sondern ins Reich der Märchen verwiesen. Als wahrscheinlich kann gelten, dass er zu den andern Wildwölfen gestossen ist. Die harte Waldgang hat ihn da bestimmt mit dem üblichen Aufnahmeritual vertraut gemacht, z.B. selbständiges Reißen von Rehen und unbedingte Unterordnung unter den Anführer. Ob das der verweichlichte Parkwolf, der an regelmäßige Fütterungen gewohnt ist, überstanden hat gilt als fraglich.
Schon Rilke beschrieb den traurigen Blick des eingesperrten Panthers, nichtsahnend, dass der an einem ausgefeilten Fluchtplan arbeitete. So wie Schneeleopard Irbis, der eine halbe Stunde im Wuppertaler Zoo herrlich frei umherspazierte. Die Besucher sahen sich genötigt, in den Tierhäusern Zuflucht zu suchen; welche Umkehrung der Verhältnisse!! Da konnte dann der Leopard die Menschen hinter Gittern besichtigen- welche ein Triumpf.
Der Kölner Schimpanse Petermann machte hingegen eine beachtliche Karriere als Karnevalist. Er durfte die Prunksitzungen mitgestalten und wurde schon als idealer Kandidat für den Festausschuss gehandelt. Neueren Forschungen zu Folge hat sich jedoch das Gemüt des sensibeln Tieres verdunkelt, als es die vielen faden Altherrenwitze bei den Prunksitzungen anhören musste. Eines Tages überwältigte er seine Bewacher mit roher Gewalt und entwich. Als ihn die tödliche Kugel traf, soll er noch die linke Faust in den Abendhimmel gereckt haben.
Die Nerze aus Mecklenburg hatte mehr Erfolg. Sie organisierten einen Massenausbruch und blieben unauffindbar in der Ödnis des deutschen Nordostens.
Ausbruchskönige sind allerdings die Känguruhs. Sie hechten leicht über diverse Hürden und vergnügen sich anschließend in unseren Hüfpburgen und Hoppegärten. Ein solches Exemplar aus Dortmund- Brechten kooperierte mit einer Ziege, welche mit den Hörnern das Tor des gemeinsamen Geheges aufgestoßen hatte. Es entzog sich dem Zugriff der Polizei durch gewaltige Sprünge, machte aber dann doch einen entscheidenden Fehler: Es äugte nach hinten um die Verfolger im Auge zu behalten und übersah dabei den Pool. Nun musste das verwirrte Tier umständlich aus dem Wasser geborgen werden.
Auch die beiden Kapuziner-Äffchen Obi und Philippa aus Berlin begingen bei ihrer Flucht aus dem dortigen Zoo einen Fundamentalfehler. Jetzt sind sie wieder bei ihren Artgenossen am Affenfelsen. Dabei ist es Obi sogar gelungen, sich bis zur S-Bahn-Station Biersdorf durchzuschlagen. Dem Bier hat sie noch erfolgreich widerstanden. Und wer weiß, welche Sterne der Freiheit ihr geleuchtet hätten, wäre sie nicht am Bahnhof gefasst worden. Aber das konnten sie als Anfängerinnen nicht wissen: Nämlich, auf der Flucht, wo jede Minute zählt, verlasse dich niemals auf die Pünktlichkeit der S-Bahn, und schon gar nicht in Berlin!!