Prozesse – zum Wohl der Tiere? 

Prozesse – zum Wohl der Tiere?

Aus dem Mittelalter ist ein Prozess überliefert, bei dem Ratten vorgeladen waren. Der Urteilsspruch endete eher ungünstig für sie, weil sie nicht erschienen sind und auch ihre Verteidiger keine Entschuldigung vorbringen konnten. Aber auch Schweine oder Pferde wurden geköpft oder gehängt, nachdem man sie „rechtskräftig“ verurteilt hatte. Schon komisch. Heutzutage werden sie auch ohne Prozess und ohne Schuldspruch entleibt. Nur zum Zwecke des Vertilgens.

Kommt es heutzutage zum Prozess mit tierischer Beteiligung, geht er glimpflicher aus. Selten bezahlen sie mit dem Tod. Der ausgerissene Richard zum Beispiel, den die Polizisten einfangen sollten: Der Hengst biss in den Polizeiwagen und soll sich gar darauf gesetzt haben. Dabei verursachte er einen Sachschaden von 4500 EUR. Die Versicherung wollte aber nur 3000 erstatten, weil das Fahrzeug schon vorbeschädigt gewesen sei. Die Versicherung verlor den Prozess und musste schließlich alles begleichen. Der Eigentümer wurde aufgefordert, besser auf Richard aufzupassen.

A propos ausreißen: Eine ausgerissene Katze musste gar persönlich vor Gericht erscheinen. Der Hintergrund: Sie war einer Dame zugelaufen, die sich fortan als rechtmäßige Besitzerin ausgab. Wie das halt so ist bei unseren ach so ‚tierlieben‘ Damen. Und wie das halt so ist  bei Katzen: Sie fühlen sich immer woanders wohl und wechseln schon mal die Umgebung, damit es nicht so eintönig wird. Man wird doch noch selbst seinen Hauptwohnsitz wählen dürfen, oder? Die ursprüngliche Eigentümerin nahm das nicht hin, sondern strengte einen Prozess zur Herausgabe des Tieres an. Der alttestamentarische Salomon hätte da bestimmt angeordnet, dass das Tier zu halbieren sei, damit jede Besitzerin zu ihrem Recht käme. Welche von beiden aus Mitleid auf ihr Recht verzichtet, damit das Tier am Leben bliebe, der würde die Katze zugesprochen. Denn schließlich ist Mitgefühl wichtiger als Besitzansprüche. Die Richterin in unserem Fall ordnete an, „Lumpele“ auf das Parkdeck des Gerichts zu bringen, sie unter strenger Beobachtung loszulassen und zu prüfen, zu welcher der Damen die Katze hinliefe. Lumpele, ob dieser Aufregung völlig eingeschüchtert, flüchtete unter ein Auto und konnte erst nach langem Zureden hervor gelockt werden. Wahrscheinlich dachte sie: Wenn ich mich jetzt entscheide, ist der Rest des Lebens gelaufen. Lieber abwarten und Tee trinken.
Also, nächster Versuch: Sowohl Klägerin als auch Beklagte durften Lumpele auf den Arm nehmen, obwohl auch das der Katze spanisch vorgekommen sein müsste. Sie fühlte sich bei beiden unwohl: Auf den Arm nehmen, da weiß man doch was das bedeutet. Ergebnis: Bei beiden verhielt sich Lumpele gleich. Als dann die erste Eigentümerin mittels Fotos nachweisen konnte, dass die Katze die ihre war, musste die Beklagte ihre neue Errungenschaft wieder abgeben. Zum Wohl des Tieres. An einen alternierenden Umgang hat wieder keiner gedacht.

Ein Hund brachte es zu Ruhm und Ehr, weil er Gegenstand einer Verhandlung wurde. Die Vorgeschichte: Einen Hund in die Toilette zu sperren, weil man ihn nicht mitnehmen kann oder in der Wohnung herumspringen lassen will, ist keine so gute Idee. Genau das tat aber ein Hannoveraner. Dazu räumte er extra das Gäste-WC leer und bat Nachbarn, ihn anzurufen, sobald Probleme erkennbar wären. Und jetzt kommt der entscheidende Fehler: Er entfernte nicht das Klopapier. Dem Hund wurde es nach kurzer Zeit in dem kleinen Raum langweilig. Er entschied sich, bis zum Wiedererscheinen seines Herrchens ein Vollbad zu nehmen. Ein Gäste-WC hat jedoch bekannterweise keine Badewanne. Was also tun? Feinmotorisch begabt rollte er das Papier von der Klorolle, zerfetze es und legte alles fein säuberlich ins Wachbecken. Sodann schaffte er es, den Wasserhahn aufzudrehen. Man ahnt was kommt: Das Wasser lief nicht ab, weil Papier den Abfluss verstopfte. Der Hund feierte allerdings nur einen Teilerfolg, denn das meiste Wasser lief durch den Türspalt ab. Das hatte zwei unangenhme Folgen: a, Der Hund ärgerte sich, dass sein Plan nicht richtig funktionierte und dachte: ‚Diese Menschen können nicht einmal eine gescheite Dichtung in ihre Türen einbauen‘.  b, Es tropfte in drei tiefer gelegenen Nachbarwohnungen spürbar von der Decke. Wasserschaden! Die Gebäudeversicherung stellte Schadensersatzansprüche an den Hundehalter, doch dieser hatte Glück: Die Richter erkannten kein grob fahrlässiges Verhalten, weil niemand vorhersehen konnte, dass ein Hund dazu in der Lage ist, einen Wasserhahn zu öffnen. Man unterschätzt halt immer wieder die Intelligenz und den Erfindungsreichtum der Vierbeiner.