Die neuen Leiden des alten Goethe
ein Frühjahrs-Gedicht der anderen Art
Er ging im Wald so vor sich hin,
Nichts zu suchen war sein Sinn.
Da sah er im Vorübergeh’n
Ein kleines, zartes Blümlein steh’n.
Es war so lieblich anzuseh’n.
Er grübelte und dachte scharf,
ob er es einfach mitgeh’n lassen darf.
Doch müsst´ er, um es abzupflücken,
Sich tief hinab, hernierderbücken.
Und dazu war sein Bauch zu dick,
Das ist halt des Gourmets Geschick.
Auch kam ein Förster grad‘ vorbei:
„Du, Freinderl, gell, des lasst jetzt glei,
sonst hol ich noch die Polizei!“
Und fügt lakonisch noch hinzu:
„A du lasst brav des oiss in Ru.
Erst recht an’s Ausgrabn brauchsd ned denga.
Denn dort, wo Rote Listen hänga,
Is des Bleame scho mit drauf.
Wanns wuissd gemma zu mia no nauf,
Dann zoag i dia no mea so Artn,
Wo ma nur no seltn find im Gartn!“
Jetzt kam der ach so große Goethe
In ganz persönlich peinliche Nöte.
Sein Blümlein hat er bald vergessen,
Auf das er vorhin so versessen.
Seitdem fiel ihm’s Dichten schwer, kommt’s echte pure Leben quer.