Höflichkeit Fehlanzeige
Wenn der Hund am Hund ist
Auf dem Radlweg spät abends nach anstrengender Probe und bei kaltem Sauwetter nach Hause zu fahren kostete mich schon einige Mühe. Als dann kurz vor der Unterführung Hansastraße ein nicht angeleinter Hund plötzlich und direkt auf „meinen“ Weg springt gelingt es mit letzter Not, noch auszuweichen um ihn nicht zu überfahren. Meine Laune geht unter den Nullpunkt. Da ruft mir zu allem Überfluss die Hundebesitzerin dann aber mehrfach „Drecksau“, „Luder“ und ähnliches hinterher.
Normalerweise überlasse ich Personen aus – sagen wir – bildungsfernen Schichten sich selbst. In diesem Fall aber will ich den Sachverhalt klären und kehre um, damit ich sie zur Rede stelle. Schließlich bewege ich mich ordnugsgemäß auf einem extra für mich angelegten Fahrweg. Der ist zwar viel zu schmal und entspricht nicht den gesetzlichen Bestimmungen – und die wären 1,5m Breite!!- jedoch den Radweg zu benutzen ist zu empfehlen, denn die unten verlaufende Straße ist viel befahren, und da wäre ich als Radler ein echtes Verkehrshindernis. Auf Augenhöhe angekommen verzichtet die unsägliche Dame, welche außerdem noch in Begleitung einer Mannsperson ist, auf weiter Beschimpfungen, bringt aber einige Entschuldigungen vor: Ich hätte sehen müssen, dass der Hund krank ist. Konnte ich aber wegen der Dunkelheit und der höheren Geschwindigkeit nicht erkennen. Meinen Rat, den Hund anzuleinen, könne sie nicht befolgen, weil die Krankheiten des Hund so weit fortgeschritten sind, dass er keine Leine verträgt. Jetzt sehe ich selber, dass der Hund nur noch orientierungslos torkelt, und sehr schwindelig auf den Füßen ist. Der ist so gut wie erledigt. Kann ich verstehen. Sollte ausgemustert werden. Nicht einmal für ein anklagendes Gebell hat er noch Kraft. Jetzt bringt sie vor, dass sie selber auch ein wenig durch den Wind ist, weil sie sich die nötige Operation am Hund nicht leisten können und nicht wissen was sie tun sollen. Deswegen hätte sie überreagiert. Und sie ermahnt ihren Begleiter, der das Geschen im Abstand von drei Metern stumm verfolgt, besser auf das Tier aufzupassen.
Aber die Hammer-Entschuldigung ist folgende: Sie hätte diese wüsten Beleidigungen gegen Mich nur deshalb rausgelassen, weil sie meinte, eine Frau sei am Rad gesessen. Und Frauen wären ja bekanntlich im Verkehr immer etwas rüpelhaft. Hätte sie geahnt, dass es sich um einen Mann handelt, wäre sie zurückhaltender gewesen. Gut, ich benutze ein Damenrad, weil das als einziges ist, was über eine funktionierende Lichtanlage verfügt. Und meine Kleidung lässt heutzutage keine Rückschlüsse auf das Geschlecht zu. Soviel zu Thema Solidarität unter Frauen. Vielleicht sollte ich die Geschichte einmal der Alice Schwarzer vorlegen….
Ich verabschiede mich mit einem Handschlag von besagter Dame und werfe dem Hund einen mitleidigen Blick zu, den er besorgt-flehentlich erwidert, nach dem Motto: Ich kann nix dafür, bin total am Hund.